[ Pobierz całość w formacie PDF ]

einmal genug zur Aussaat übrig. Theowulf mußte Saatgut
kaufen.»
»Er ist ein richtiger Heiliger, Euer Graf, wie?« fragte er sar-
kastisch.
»Nein«, antwortete Bresser. Seine Stimme klang ein wenig
zornig. »Nur ein Mann, der seine Aufgabe ernst nimmt. Frü-
her, als es uns gutging, haben wir ihm gegeben. Jetzt geht es
uns schlecht, und er gibt uns.«
»Gerade genug, um nicht zu verhungern.«
»Ja. Und er sorgt dafür, daß keiner mehr hat als der
andere, auch das ist richtig. Und es ist gut so, solange die
Sandini Sammlung
einen in Saus und Braus leben und ihre Nachbarn verhun-
gern.«
»Wie Verkolt?« fragte Tobias.
»Verkolt war ein reicher Mann - und?« Bresser machte
ein obszönes Geräusch. »Auch er hat seinen Teil gegeben. Er
wollte es nicht, aber Theowulf hat ihn gezwungen. Das ist
kein Geheimnis. Jeder hier gibt, was er hat - und bekommt,
was er braucht.«
»Ihr scheint mir eine einzige, große glückliche Familie zu
sein«, entfuhr es Tobias in bitterem Tonfall.
»Der Graf nimmt sich selbst nicht davon aus«, sagte Bres-
ser. »Der Graf hat Euch eingeladen, sein Schloß zu besu-
chen, vielleicht nehmt Ihr seine Einladung an.«
Tobias nickte, und Bresser fuhr fast grimmig fort: »Dann
könnt Ihr Euch selbst umsehen. Auch er gibt, was er kann.
Wenn Ihr glaubt, er lebt in Luxus, dann täuscht Ihr Euch,
Pater. Seit zwei Jahren, seit das Unglück über Buchenfeld
hereingebrochen ist, hat niemand hier gehungert, und keiner
ist erfroren.«
Tobias schwieg betroffen. Bressers Worte waren von einer
solchen Inbrunst, daß er erst gar nicht auf die Idee kam, sie
anzuzweifeln.
147
»Aber was ist geschehen?« fragte er. Er deutete wieder auf
die Felder. »Der Boden ist fruchtbar. Ihr seid viele, und ihr
habt Vieh. Was ist mit den Ernten geschehen?«
»Sie wurden zerstört«, sagte Bresser.
»Ein Unwetter?« fragte Tobias.
»Nein«, antwortete Bresser. Und plötzlich zitterte seine
Stimme, und seine Augen flammten in einem Zorn auf, den
Tobias niemals bei ihm erwartet hätte. »Das war die Hexe,
Pater. Ich weiß, Ihr hört das nicht gerne. Aber es ist die
Wahrheit. Sie hat diese ganze Stadt verhext!«
Tobias sah ihn zutiefst verstört an. Aber er beherrschte
sich. »Seit zwei Tagen höre ich nichts anderes, Bresser«,
sagte er. »Jedermann erzählt mir, daß diese Stadt verflucht
ist. Daß dies und jenes geschehen ist. Aber niemand sagt
mir, was passiert ist. Wie soll ich über irgend etwas richten
oder euch helfen, wenn ich nicht weiß, wogegen ich
kämpfe?«
»Gegen das allmächtige Böse, Pater«, antwortete Bresser
Sandini Sammlung
ernst. »Ihr habt es gestern abend gesehen. Und gestern mor-
gen im Wald.«
»Ihr habt also doch etwas gesehen«, sagte Tobias.
»Nein«, antwortete Bresser. »Aber Ihr. Ihr wart bleich wie
der Tod. Und nicht, weil Ihr einen Schatten erblickt habt.
Ich will nicht wissen, was es war. Die Angst eines Mannes
gehört ihm allein. Aber Ihr wißt, daß ich nicht lüge. Etwas
geschieht hier. Und wenn es nicht die Hexe ist, dann findet
heraus, was sonst. Helft uns!«
Tobias war erschüttert. Von Bresser hatte er diese Worte
nicht erwartet. Und er spürte auch, daß er sie nie wieder
hören würde. Es hatte Bresser all seine Kraft gekostet, sie
hervorzubringen.
»Das werde ich«, versprach er. »Und jetzt bringt mich zu
ein paar Leuten, mit denen ich reden kann.«
Bresser starrte ihn für einen Moment durchdringend an,
dann drehte er sich mit einer abrupten Bewegung herum und
deutete - scheinbar wahllos, wie es Tobias vorkam - auf
das erstbeste Haus.
Der Rest des Vormittages verlief so, wie Tobias erwartet
148
hatte: Er sprach mit einem halben Dutzend Männern und
Frauen, und fast alle hatten etwas zu berichten, was mit der
Hexe zu tun hatte: Der eine hatte ein Geschwür, das sie ihm
angehext hatte, dem zweiten war die Katze gestorben, nach-
dem Katrin sie angeblickt hatte, der dritte wußte von einem,
dessen Kuh ein Kalb mit zwei Köpfen zur Welt brachte,
nachdem die Hexe sie berührt hatte . . .
Tobias hörte aufmerksam zu, auch wenn die Geschichten
sich zu wiederholen begannen. Das meiste, was er erfuhr,
war der übliche Unsinn, wenn es irgendwo hieß, eine Hexe
treibe ihr Unwesen. Die Indizien aber fehlten. Doch gerade
Beweise brauchte er, wollte er die Anklagepunkte gegen
Katrin widerlegen. Das Volk von Buchenfeld mochte Unsinn
erzählen, aber es glaubte fest an diesen Unsinn, daher war
es schwierig, ohne Gegenbeweise eine gesicherte Verteidi-
gung aufzubauen. Doch wie sollte er gegen Hexenmärchen
vorgehen? Sollte er, der Inquisitor, dem Volk sagen, es gäbe
keine Hexen, wo er doch selbst schon Hexen verfolgt hatte?
Als sie mit einem Dutzend Leute gesprochen hatten, fand
Tobias die Gelegenheit günstig, noch einmal mit Derwalt zu
Sandini Sammlung
reden, diesmal in aller Offenheit, so daß ihre Unterhaltung
eher dazu beitragen mußte, den Mann zu beruhigen. Bresser
hatte zwar mehr oder weniger die Führung übernommen,
aber Tobias hatte schon ein paarmal willkürlich an einer Tür
gepocht, so daß der Helfershelfer des Grafen kein Miß-
trauen schöpfte, als er sich jetzt Derwalts Haus zuwandte
und anklopfte.
Niemand öffnete, kein Geräusch war zu hören, Tobias
klopfte noch einmal. »Wer wohnt hier?« fragte er dann.
»Derwalt«, antwortete Bresser. Tobias hielt ihn genau im
Auge, aber Bresser schien keinen Verdacht geschöpft zu
haben. »Er ist oft fort. Ich glaube, er hilft im Moment dabei,
Temsers Scheune wieder aufzubauen. Sie brannte vor ein
paar Wochen nieder«, fügte er auf Tobias' fragenden Blick
hinzu. »Und auch das ein Werk der Hexe.«
»Natürlich«, sagte Tobias. »Was sonst?«
»Warum geht Ihr nicht zu ihm und fragt, was geschehen
ist?« fragte Bresser ärgerlich. »Es war ein Blitzschlag - am
149
hellichten Tag, ohne daß auch nur eine Wolke am Himmel
gesehen wurde. Und wenn Ihr schon einmal dabei seid, dann
fragt auch gleich den Müller, was mit seinem Korn gesche-
hen ist! Aber Ihr wollt die Wahrheit ja gar nicht wissen!«
Das waren mutige, beinahe aufrührerische Worte für
einen Mann in Bressers Position, fand Tobias. Aber viel-
leicht war er auch nur verzweifelt. Und zumindest in einem
Punkt hatte er recht.
»Das werde ich tun«, versprach er. »Laßt uns zurückgehen [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]

  • zanotowane.pl
  • doc.pisz.pl
  • pdf.pisz.pl
  • zboralski.keep.pl